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Mein großes Ayurveda-Abenteuer ( Von Franziska Mayer)

Jetzt bin ich hier gelandet – in einem Land, in dem die traditionelle Heilkunst durch Ayurveda zumindest im ländlichen Gebiet immer noch gerne Verwendung findet. Doch auch hier greift man bei Krankheit und kleinen Wehwehchen immer öfter zur Schulmedizin und geht zum Krankenhaus oder zum Arzt, um sich Tabletten verschreiben zu lassen, anstatt beispielsweise einen der älteren Dorfbewohner zu fragen, ob er nicht eine andere Lösung hätte.
Ich persönlich habe während meines Aufenthaltes hier mit beidem schon meine Erfahrungen gemacht:
Falls man jemanden nach Ayurvedamedizin fragt, werden meist Gewürze, Blätter oder andere Pflanzenteile benutzt, aus denen dann ein Tee zubereitet wird, der nicht immer wohlschmeckend ist. Teilweise werden auch Pflanzenteile zerrieben um etwa auf Schürfwunden gelegt zu werden.
Sollte man sich jedoch für einen Krankenhausbesuch entscheiden und zu einem staatlichen Arzt gehen, muss man zwar nichts dafür bezahlen, allerdings werden einem, meiner Meinung nach, recht wahllos ein paar Hände voll Tabletten in Tütchen gepackt. Man wird mit dem Gefühl nach Hause geschickt, nicht sicher sein zu können, gut daran zu tun die empfohlene Menge Tabletten tatsächlich einzunehmen. Denn Tatsache ist, die Menschen die ins Krankenhaus gehen, wollen möglichst mit Medizin bepackt nach Hause kommen, um zu zeigen, wie krank sie tatsächlich sind. Je mehr Tütchen mit unterschiedlichen Pillen und Tabletten, desto kränker ist man und desto wichtiger und ernster wird die Krankheit genommen. Für eine Erkältung, für die ein Ayurveda-’Arzt’ einige Tees aus Gewürzmischungen empfehlen könnte, werden beispielsweise ein Hustensaft und vier verschiedene andere Medikamente verschrieben.
Ich frage mich häufig, warum die Menschen, die doch ohnehin hier auf dem Land leben und quasi von Medizin verschiedenster Art ‘umwuchert’ sind, sich nicht mehr damit beschäftigen, um diese auch entsprechend nutzen zu können.
Allein auf unserem Grundstück wächst so viel, was man verwenden könnte! Die offensichtlichsten medizinischen Pflanzen wie Ingwer, Zimt, Pfeffer oder Chili sind ja selbst in Deutschland schon als wirkungsvoll bekannt. Aber auch das Wissen, wozu man andere Pflanzen benutzen kann, erstaunt mich immer wieder. So kann man angeblich eine von diesen kleinen grünen Zitronen verwenden, um auf einen Schlag nüchtern und seinen Kater loszuwerden. Einfach komplett mit Schale in den Mund stecken, zerkauen und schlucken. Auf die Idee wär ich nie gekommen, aber es funktioniert wohl.
So geht’s mir hier ständig. permanent wird irgendetwas angeschleppt und man erzählt mir begeistert, wozu man es verwenden kann. Diese fleischfressenden Kannenpflanzen, zum Beispiel. Darin befindet sich eine Flüssigkeit, die man, solange die Pflanze noch geschlossen war, bedenkenlos trinken kann und angeblich sogar bei Husten hilft! Vieles was ich als ‘Unkraut’ oder ‘schöne Blume’ bezeichnen würde, fällt für die Menschen hier unter ‘praktische Medizin, die hinter meinem Haus wächst’. Aufpassen sollte man nur, wenn man vorhat, eine Dschungelpflanze zu medizinischen Zwecken aus dem geschützten Regenwald zu schneiden. Das sehen die hier gar nicht gern.
Aber das muss man ja auch gar nicht. Vor kurzer Zeit war ich in einer großen Ayurveda-Apotheke, in der es alles zu kaufen gab, was das Herz begehrt. Seien es Öle, frische Gewürze, zerschnibbelte Rindenstücke für Tees oder Schönheitscremes für die Touristen, die nach etwas Besonderem suchen. Interessanter war jedoch eindeutig die Seite des Ladens, die die Einheimischen aufsuchen und die voll ist mit kleinen Holzkistchen, in denen sich die wunderbarsten und rätselhaftesten Wurzel-, Rinde- und Blätterstückchen befinden. Je nach Leiden des Kunden werden diese Zutaten vermischt, wodurch eine kleine Teemischung entsteht, die der Betroffene dann zuzubereiten hat. Die unzähligen Möglichkeiten, diese Zutaten zu mischen sind enorm und umso beachtlicher ist es, mit welchem Wissen dort gearbeitet wird.
In Anbetracht dieses Umfangs an Wissen und Können ist es umso bedauernswerter, dass man in der westlichen Welt mit dem Wort ‘Ayurveda’ meist nur Massagen und Schönheitskuren verbindet. Dabei beinhaltet es viel mehr als das. Aber es ist auch nicht nur das Verwenden von Pflanzen, um Leiden zu heilen. Ayurveda ist ein ganzer Lebensstil, der alles beinhaltet, was mit dem Körper und dessen Pflege zu tun hat. Dazu gehören spezielle Reinigungen mit Öl, die Ernährung, die richtige Bewegung, Atmung, die ein ganz anderes Bewusstsein schaffen soll, um seinen Körper besser wahrzunehmen. Ich selbst kriege davon nur soviel mit, dass ich mich hier zwar nicht unbedingt Typgerecht, aber gesund ernähre, Atemübungen beim Yoga mache und bei Beschwerden erstmal zur Pflanzenmedizin greife.
Eine Ernsthafte und möglichst vollständige Behandlungen erhalten jedoch die Kurgäste der Ayurveda-Resorts. Erstaunlich nur, dass man dort fast nur ältere Herrschaften und Rentner antrifft, die sich auf den Liegewiesen und um den Pool herum tummeln. Bei einem Besuch in einem solchen Hotel hatte ich ernsthaft das Gefühl mich in einer Mischung aus Altersheim und Krankenhaus zu befinden. Schade eigentlich. Man sollte eine solche Kur nicht als letzte Maßnahme benutzen, um einen stressigen Lebensstil zu kompensieren, sondern vielleicht auch schon früher, einfach als Entspannung und Erholung zwischendurch.
Ich kann nur jedem empfehlen, der nicht sofort zu Medizin greifen will, sich etwas über die Wirkung verschiedener Pflanzen zu informieren und zu versuchen, etwas davon anzuwenden. Es ist schließlich nicht so, dass nur Tropenpflanzen verwendet werden können. Auch ganz normale deutsche oder europäische Gartenpflanzen können ungeahnte Wirkungen haben.
Ich werd jedenfalls ab sofort jeden Sommer durch die Gärten und Wälder streifen und mordsmäßig viele Pflanzen verarbeiten!

Tablettenvergabe in Sri Lanka

Ingwer

Baumrinde als Heilmittel

Gewürzmischung

“Samahan”, ayurvedischer Heiltee

Der zubereitete Tee

Die Autorin, Franziska Mayer, bei ihren Recherchen